THEATER
Migraaaanten - Wir sind zu viele auf diesem Boot
Rumänische Tragikomödie von Matei Visniec (Deutschsprachige Erstaufführung)







„Sie“ sind überall. „Sie“ bestimmen unser Leben. „Sie“ sind da! Da ist diese Drohung… Alles ist voll mit ihnen, Nachrichten, Social Media, alles.
„Sie“ bestimmen die Tagespolitik, weil sich alles um „sie“ dreht. Sie bestimmen die neuen Innovationen, weil man Wege finden muss, sich vor ihnen zu schützen. Wegen ihnen werden wir in Ecken gedrängt, obwohl sie nicht dazu gehören. Es geht nicht um sie, es geht um UNS! Man nennt sie „Migranten“, aber wir sind „das Volk!“. Wir sind ein „wir“ geworden.
Der „Migrant“ ist oft nicht in den Gesprächen und in den Geschehnissen vorhanden, aber er bewegt uns. Er ist unsichtbar, aber immer präsent. Und je mehr er präsent ist, desto unfassbarer, unübersichtlicher, unverständlicher und größer wird er, eine Welle, eine Invasion, eine Flut, eine Naturkatastrophe. Auf der anderen Seite werden „wir“ klarer in unseren Haltungen. Mutiger, aggressiver, eine Einheit, eine wütende Einheit. Man kann uns nicht mehr stoppen, weil „wir" jetzt unaufhaltbar sind. „Wir“ gehen auf die Straße, „wir“ sind jetzt wieder laut, „wir“ schreiben über unsere Wut. Wir verteidigen unser Leben gegenüber dem, der um sein Leben kämpfend hierher kam. Es geht nicht mehr um „sie“, es geht um uns! Wir suchen die Schuldigen und Mitverantwortlichen!
Im Mittelpunkt des Stückes steht die Überforderung der westlichen Gesellschaft mit dem Thema Migration. Eine reale und nicht reale Migration schafft reale und nicht reale Ängste. Sie ist eine Herausforderung. Wenn man diese nicht annimmt, kommt es zu einer Überforderung. Einerseits für die, die sich dafür einsetzen, andererseits für die, die es vehement ablehnen, und dann gibt es die, die uns davor bewahren wollen.
„Migraaaanten!“ ist eine schwarze Komödie über eine der schlimmsten Tragödien unserer Zeit. Sie kommen aus Pakistan, Afghanistan, Somalia, Eritrea, Syrien, Libyen, Mali, Algerien, Marokko, Haïti, dem Irak und aus vielen anderen Orten, an denen das Leben nicht mehr mit der Idee einer Zukunft vereinbar ist. Es sind Millionen. Wie viele Millionen? Das weiß man nicht. Man nennt sie „Migranten“, und sie haben nur eines im Sinn: den festen Willen, nach Europa zu kommen. Im Zeitraum von nur fünf Monaten ist Europa in Panik geraten. Vor unseren Augen spielt sich eine menschliche Tragödie, des antiken griechischen Theaters würdig, ab, bei dem der Mensch mit der unerbittlichen Kraft des Schicksals konfrontiert wird. Dieses Stück hat nur eines zum Ziel: die Gleichgültigkeit zum Stillstand zu bringen.
Das Team setzt sich mit diesem Jahrhundertthema auseinander, das uns mit allen seinen Facetten noch sehr lange beschäftigen wird. Vor allem gerade dort, wo die Fronten ziemlich verhärtet sind. Dadurch erweitert sich das ursprüngliche Stück mit den aktuellen Geschehnissen und mit unseren eigenen „Herausforderungen“ bzw. „Überforderungen“.
Matei Visniec wurde 1956 im rumänischen Radauti geboren. Nach dem Studium der Geschichte und Philosophie an der Universität Bukarest arbeitete er ab 1980 als Geschichtslehrer. 1972 debütierte er mit seinen Gedichten. Nachdem um die 20 seiner Stücke in Rumänien verboten wurden, suchte Matei Visniec 1987 politisches Asyl in Frankreich. 1988-89 war er als Rundfunkredakteur der BBC in London tätig. Danach ging er endgültig nach Paris und schrieb an seiner Dissertation zum Thema „Kultureller Widerstand in Ost-Europa nach 1945“.
Heute arbeitet Visniec als Journalist für Radio France Internationale. 1993 erhielt er die französische Staatsbürgerschaft. Visniec schreibt inzwischen überwiegend in französischer Sprache. In Frankreich veröffentlichte er mehr als zehn Stücke, die in zahlreichen Theatern in Paris und anderen großen Städten aufgeführt wurden und seit zehn Jahren regelmäßig auf dem Festival d‘Avignon zu sehen sind. In Rumänien ist er seit dem politischen Umsturz einer der meist gespielten Autoren.
Begleitend wird es noch eine Ausstellung zum Thema Grenzen geben. Am Premierenabend und auch am Nationalfeiertag der Rumänen (100 Jahre Jubiläum – 100 Jahre rumänische Einheit), am 01.12.2018, gibt es eine Aufführung und dementsprechende Feierlichkeiten. Hier werden auch rumänische kulinarische Schmankerl serviert.
SW1 Beitrag:
KRITIKEN
Deutsche Übersetzung Jan Cornelius
Regie Asli Kişlal
Musikalische Leitung Uwe Felchle
Technische Leitung Matthias Rohrbeck
Bühne Markus Liszt
Regieassistenz Selina Stiegler
Technische Assistenz Reinhard Kralik
Rechte Theaterstückverlag
Eigenproduktion Theater Forum Schwechat
Mit Özge Dayan-Mair, Manuela Seidl, Boris Popovic und Erol Uensalan
Im Video Barca Baxant